Hallo zusammen,
hier haben ja schon einige Mitbekommen, dass wir uns die letzten Monate intensiv mit dem Thema Elektrofahrzeuge auseinandergesetzt haben und mittlerweile auch viele Modelle probegefahren haben. Los ging es im Frühjahr mit dem Citroen C-Zero bzw. Peugeot I-ON (beide baugleich, eigentlich ein umgelabelter Mitsubishi „Electric Vehicle“). Der Wagen ist allerdings sehr beengt und hat als großen Nachteil einen sehr kleinen Akku (Reichweite realistisch 80–120 km) und eine spartanische Ausstattung für den doch recht hohen Neupreis von ca. 18.000 €.
Weiter ging die Reise dann logischerweise zu Renault mit dem Zoe, den wir dann auch fast gekauft hätten. Mein Händler hat mir ein Leasingangebot mit 350 € monatlich inkl. Akkumiete gemacht für ein sofort verfügbares Fahrzeug. Es stand ein Endpreis von ca. 26.000 € zzgl. monatlicher Akkumiete (79 €). Eigentlich ein attraktives Angebot.
Quasi in letzter Minute war hier am Ort eine Autoschau und dort stellte auch Nissan aus. Überraschenderweise hatten die einen Nissan Leaf ZE1 „Zero“ für 31.800 € am Stand. Das mittlerweile nicht mehr bestellbare Einführungs-Sondermodell rangiert zwischen der aktuellen mittleren und der hohen Ausstattungslinie. Bei einer Probefahrt kam der Wagen gut an und in die nähere Auswahl. Da bei Nissan der Akku im Kaufpreis enthalten ist, fällt eine Akkumiete weg, weswegen der Leaf nach fünf Jahren billiger ist als die Zoe.
Zu diesem Zeitpunkt sagte mir mein Kollege, dass der örtliche Hyundai-Händler drei neue Ioniq Electric auf dem Hof stehen hatte. Eigentlich ein Wunder, denn die Fahrzeuge sind extrem begehrt und haben normalerweise eine Lieferzeit von 12–18 Monaten. Auch dort fuhren wir also vorbei und haben uns ein Angebot machen lassen.
Am Ende fiel die Entscheidung dann aber doch für den Leaf, denn der Händler machte allgemein einen deutlich sympatischeren Eindruck und hatte preislich noch Spielräume, während Hyundai zu keiner Verhandlung bereit war und einen Preis von ca. 36.000 € aufgerufen hat. Für den Leaf mit Sommerrädern inkl. Zulassung haben wir letztendlich rund 30.500 € bezahlt (Finanzierung mit 2,99 %) zzgl. einen Satz Winterräder auf Original-Alufelgen mit Falken-Reifen und Sensoren für 690 € komplett.
Aber was ist das überhaupt für ein Wagen?
Hier mal eine Übersicht der technischen Daten im Allgemeinen:
- Motorleistung: 150 PS/110 kW (Spitzenleistung; Dauerleistung laut Fahrzeugschein 120 PS/88 kW) bei 3283–9795 rpm
- Drehmoment: 320 Nm bei 0–3283 rpm
- 0–100 km/h: 7,9 s
- Höchstgeschwindigkeit (abgeregelt): 144 km/h (155 lt. Tachoanzeige)
- Leergewicht: ca. 1,6 t
- Motortyp: Fremderregte Synchronmaschine (enthält keine seltenen Erden)
- Getriebe: „Automatik“ (feststehendes Übersetzungsgetriebe ohne Kupplung)
- Akku: 40 kWh / 350 V
- Ladeleistung AC (Wechselstrom): Einphasig bis 6,6 kW (= 28,5 Ampere) an Ladesäulen, über Haushaltssteckdose mit dem mitgelieferten Ladegerät 2,3 kW (= 10 Ampere)
- Ladeleistung DC (Gleichstrom): Bis zu 50 kW
- Typische Ladedauer: Haushaltssteckdose ca. 15 h, Ladesäule ca. 4,5 h, Schnelllader ca. 30–45 Minuten je nach Füllstand
- Realistische Reichweite (nach meiner Einschätzung): 200 km Autobahn, 250 km Landstraße, >300 km reiner Stadtverkehr
- WLTP-Reichweite: 270 km kombiniert, 415 km städtisch
- WLTP-Verbrauch: 20,6 kWh/100 km kombiniert (Achtung: im WLTP-Verbrauch werden auch Ladeverluste berücksichtigt, sprich das ist der Wert, der am Stromzähler gemessen wird)
- Kfz-Steuer: 10 Jahre Steuerbefreit, dann 56 €/Jahr
- Versicherung: Als Zweitwagen bei der Huk24 VK mit SF 4/4 und Rabattschutz ca. 650 €/Jahr
Und hier noch ein paar Infos zur Ausstattung unserer Zero Edition:
- „ProPilot“: Teilautonomer Fahr- und Stauassistent mit adaptivem Tempomat bis 0 km/h mit selbsttätiger Wiederanfahrt auf Knopfdruck sowie aktivem Lenkassistent und Notbremsassistent mit Fußgängererkennung (funktioniert auch im dichten Stadtverkehr und Stau hervorragend)
- Begrenzer
- „e-Pedal“: Wird dieses per Knopfdruck aktiviert, so übernimmt das Gaspedal auch die Funktion der Bremse. Ist ein bisschen wie Autoscooter fahren: Zum Beschleunigen „Gas“ geben, zum bremsen das Pedal vorsichtig lösen. Das Fahrzeug wird (durchaus kräftig) bis zum Stillstand abgebremst und dann festgehalten. Die Bremsung erfolgt zunächst elektrisch und kurz vor Stillstand auch mechanisch. Bei vollem Akku wird stattdessen die mechanische Bremse verwendet. Zusätzliches Bremsen mit der mechanischen Bremse ist natürlich jederzeit möglich, jedoch im Alltag eigentlich nicht nötig.
- Alternativ dazu gibt es einen klassischen „D“-Modus mit Kriechgang sowie einen „B“-Modus mit verstärkter Motorbremse. Finde ich aber persönlich nur auf der Autobahn sinnvoll, wo man meistens eh mit ProPilot fährt.
- 360°-Kamera (Frontkamera, Heckkamera, Seitenkameras in den Spiegeln) mit Einzelwahl sowie virtueller Vogelperspektive und rings herum Parkpiepser, die ins Kamerabild hineinprojeziert werden, außerdem Querverkehrswarner hinten
- Scheibenwisch- Licht- und Fernlichtassistent (leider nur Halogen) sowie Nebelscheinwerfer.
- Standheizung und Standklimaanlage via bidirektionaler 6-kW-Wärmepumpe, Spiegel-, Heckscheiben und Lenkradheizung sowie Sitzheizung vorne und hinten
- Sehr umfangreicher Bordcomputer mit großem Display und diversen durchschaltbaren Anzeigen (u.A. Leistungsmesser, Akkutemperatur, zwei unabhängige Tageskilometerzähler, zusätzlich zwei erweiterte unabhängige Kilometerzähler mit Vebrauchsangabe und Fahrtzeit, Digitaltacho, ACC-Info, Musik, Navianweisungen, Reifendruck, …) nebst analogem Tacho.
- Multimediasystem mit DAB, USB sowie AUX, Android Auto, Apple Car Play und Navi mit Europa-Karte und TMC Pro
- Online-Anbindung mit eingebauter SIM-Karte mittels App (u.A. Ladestandsanzeige, Ladetimer (z.B. wenn man Nachtstrom nutzen will), manuelles Stoppen vom Ladevorgang, Steuerung der Standklimatisierung, Ortung, Routenplanung, …)
- Großzügiger Fond und riesiger Kofferraum (größer als mein Megane)
- Abschaltbarer Fußgängerwarnton (leider gesetzlich vorgeschrieben, dieser Krachmacher)
- Keyless-System und elektrische Feststellbremse sowie „Drive by Wire“-Schaltung (ähnlich wie im Espace)
- Ladeklappe vorne.
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Zur Vollausstattung fehlt eigentlich nur das LED-Licht, der „ParkPilot“ (vollautonomer Parkassistent) sowie Leder.
Nach einer Woche kann man natürlich so viel noch nicht sagen. Was besonders gefällt ist der (im Gegensatz zu meinem Diesel-GT) brutale Antritt sowie das Ansprechen des Gaspedals ohne Verzögerung (keine Getriebe-und-Lader-Gedenksekunde). Die Fernsteuerungs-App ist eine schöne Spielerei und zeichnet auf Wunsch auch umfangreiche historische Vebrauchsdaten auf. Gegen den ProPilot kann der Megane schlicht einpacken. Da kann man auch mal bedenkenlos die Hände zehn Sekunden vom Lenkrad nehmen, um z.B. eine Flasche aufzudrehen. Doch der Hammer ist letztlich der extrem ökonomische Verbrauch: Für die Überführungsfahrt von 400 km haben wir exakt 10 € Strom bezahlt. Mit meinem Megane hätte mich das locker das Dreifache gekostet.
Nachteile und Unwegbarkeiten will ich aber natürlich auch nicht verschweigen: Um die Kosten zu drücken hat Nissan (unüblicherweise) einen Akku ohne Temperaturmanagement (sprich nur fahrtwindgekühlt) verbaut, was im Langstreckenbetrieb ab dem zweiten Schnellladen in Folge zu einer deutlichen Reduzierung der Ladeleistung aufgrund der Überhitzung des Akkus führt (Stichwort #rapidgate). Im Extremfall kann sogar die Motorleistung zeitweilig gedrosselt werden. Fahrten über 400 km einfache Strecke sollten daher weise geplant werden. Dies war uns bis zu einem gewissen Grad aber ausdrücklich vorab bekannt und wurde daher bei der Kaufentscheidung berücksichtigt.
Desweiteren frage ich mich, warum man im Jahre 2018 noch einen Analogtacho verbauen muss. Zwar zeigt der Bordcomputer viele Infos an, aber immer nur eine pro Seite. Etwas unnötig finde ich außerdem den (mutmaßlich leeren) Mitteltunnel, den man sich hätte sparen können. Die Ladekante ist leider, wie beim Megane, recht hoch und beim Umklappen entsteht eine enorme Stufe (ca. 30 cm geschätzt). Außerdem finde ich es schade, dass das Lenkrad nicht längs verstellbar ist (nur Höhe). Ansonsten gibt es sehr viele Knöpfe, was man sicherlich besser hätte lösen können. Hätte man außerdem den etwas leer wirkenden Motorraum etwas kompakter gepackt, so wäre sicher vorne hoch ein Plätzchen für einen „Frunk“ gewesen, wo man zumindest die beiden Ladekabel hätte verstauen können.
Beim Megane eindeutig schöner gelöst ist das Keyless-System. Bei Nissan muss man hier immer einen Knopf an der Türe betätigen (auch zum Abschließen). Leider muss auch die elektrische Handbremse manuell gezogen und gelöst werden. Auch die Dimension des Zentral-Displays ist beim Megane besser und es bietet dort deutlich mehr Funktionen als beim Nissan.
Ich werde euch auf jeden Fall weiter auf dem Laufenden halten, welche Abenteuer wir noch mit dem Nissan erleben werden. Da meine Frau und ich noch mindestens ein Jahr in getrennten Haushalten leben, habe ich nur Wochenends etwas von dem neuen Auto und so bleibt der Diesel definitiv bis auf weiteres in der Familie und das bevorzugte Fahrzeug für die Langstrecke (weswegen sich das Überhitzungsproblem für uns praktisch egalisiert). Im Kurz- und Mittelstreckenbetrieb ist der Wagen jedoch definitiv zu Hause und macht dort auch viel Spaß und Freude und ist auch von der Größe und dem Ladevolumen mit dem Megane gut vergleichbar.